Lieferketten-Demonstrator: „Transparenz in der Lieferkette ist möglich“
Auf dem Weg zur transparenten Lieferkette nehmen digitale Lösungen eine bedeutende Rolle ein. Das Mittelstand-Digital Zentrum Smarte Kreisläufe arbeitet mit seinen Projektpartnern an einem Demonstrator, der Unternehmen künftig beispielhaft zeigt, wie Daten aus Herstellungsprozessen erhoben, eindeutig zuordenbar gemacht und transparent aber sicher vor unberechtigtem Zugriff Geschäftspartnern zur Verfügung gestellt werden können.
Guido Grau von den Deutschen Instituten für Textil- und Faserforschung Denkendorf gibt im Interview Einblicke zu dem Vorhaben und erklärt, welchen Nutzen kleine und mittlere Unternehmen von diesem digitalen Angebot haben werden.
Herr Grau, Sie bringen gemeinsam mit den Projektpartnern vom Mittelstand-Digital Zentrum Smarte Kreisläufe einen Demonstrator zum Thema Transparenz in der Lieferkette ans Laufen – ein sehr spannendes Vorhaben. Was hat es damit auf sich und was ist Ihre ganz spezielle Aufgabe bei der Realisierung des Projekts?
Guido Grau: Unter Transparenz in der Lieferkette wird heutzutage meist verstanden, wer wann welche Produkte bzw. Teilprodukte in welcher Qualität produziert bzw. geliefert hat. Um diese Daten zu vervollständigen, sollten zukünftig auch Nachhaltigkeitsinformationen zu den gelieferten Produkten innerhalb der Kette mitgeliefert werden bzw. für die Prozessbeteiligten zur Verfügung gestellt werden. Meine Aufgabe im Projekt ist es, diese Daten zu generieren und so im Datenpool des Lieferkettendemonstrators abzulegen, dass sie für die „Kunden“, also die nachgelagerten Stufen jederzeit verfügbar sind.
Sie haben also eigens für das Projekt ein Produkt konzipiert, dass in der Herstellung mehrere Prozesse und Betriebsstätten durchläuft und dessen Zwischenprodukte entlang dieser beispielhaften Lieferkette dann nachverfolgbar sein sollen. Um was für ein Produkt handelt es sich und welchen Prozessschritt bei der Herstellung übernehmen die DITF in Denkendorf?
Bei dem Produkt handelt es sich um ein textilbasiertes RFID-Tag. Diese Label werden in vielen Logistiksystemen oder Fertigungsanlagen eingesetzt, um beispielsweise Objekte zu identifizieren.
Hier bei uns an den Deutschen Instituten für Textil- und Faserforschung werden dafür die eingekauften Viskosegarne auf unterschiedliche Hülsen umgespult. Für das anschließende Weben beim Partner in Aachen müssen ca. 80 Kett- und mehrere Schussspulen hergestellt und dabei auf die Besonderheiten der Webmaschine abgestimmt werden. So wird das Schussgarn als Einfachgarn mit einer leichten Drehung gespult, wohingegen für das Kettgarn ein gefachtes Garn (2-fach) benötigt wird.
Die am ITA in Aachen herstellten Gewebe werden später am Sächsischen Textilforschungsinstitut in Chemnitz mehrlagig mit Harz imprägniert und mit Kupferfolie auf den Außenlagen verpresst. Diese so entstandenen kupferkaschierten Laminate werden schließlich durch Hahn Schickard zu einem RFID-Tag finalisiert.
Und wie kam es zur Wahl des Grundmaterials Viskose?
Viskose ist ein sehr strapazierfähiges Material. Für die Herstellung von Viskose wird der nachwachsende Rohstoff Zellulose verwendet. Er ist in verschiedenen Hölzern enthalten und ist auch noch nach dem Viskoseverfahren unverändert biologisch abbaubar. Zudem hat das STFI mit dem Verpressen von Gewebelagen aus Viskose bereits gute Erfahrungen sammeln können.
Vielfach haben Unternehmen eigens für sie entwickelte Systeme zur Datenerhebung. Wie wird der reibungslose Austausch von diesen Prozessdaten über Unternehmensgrenzen hinweg gewährleistet?
Wir wollen das Rad nicht neu erfinden, sondern vielmehr auf existierende Standards setzen, die bereits in anderen Branchen genutzt werden. Nicht nur im Handel, auch in anderen, produzierenden Branchen werden dazu die GS1-Codes verwendet. GS1 bietet nicht nur Standard-Codes zur Identifikation von Unternehmen und ihren Produkten, sondern darüber hinaus auch die Möglichkeit die einzelnen Produktionsschritte zu erfassen. Damit kann der gesamte Herstellungsprozess in der Detailtiefe dokumentiert werden, die für die jeweilige Anwendung bzw. das Produkt notwendig ist. Zum Beispiel kann man mit dem Standard EPCIS dokumentieren, wann welcher Artikel wo produziert wurde. Und natürlich können auf diesem Weg auch Nachhaltigkeitsinformationen innerhalb der Kette weiterkommuniziert werden, was im Projekt ja meine Aufgabe ist.
Um welche Nachhaltigkeitsinformationen handelt es sich hierbei?
Hierbei handelt es sich um den Product Carbon Footprint. Wir wollen in jedem Prozessschritt der Kette den CO2-Fußabdruck ermitteln und an den nächsten Partner weitergeben.
Und wie unterstützen Sie die kleinen und mittleren Unternehmen an den Deutschen Instituten für Textil- und Faserforschung (DITF) dabei?
Mit dem Lieferketten-Demonstrator können wir als DITF zusammen mit unseren Partnern mittelständischen Unternehmen zeigen, dass Transparenz in der Lieferkette möglich ist. Sowohl das Bereitstellen eigener Produktionsinformationen für Kooperationspartner als auch das Nutzen von deren Informationen im eigenen Haus ist auch für den Mittelstand mit vertretbarem Aufwand möglich, wenn zur Datenkommunikation etablierte Standards verwendet werden. Wir als DITF sind dabei ein kompetenter Partner für die KMUs und gehen mit ihnen die ersten Schritte auf diesem Weg. Zum Beispiel, indem wir passende Umsetzungskonzepte mit ihnen gemeinsam erarbeiten oder in Workshops zeigen, wie die benötigten Daten einfach erhoben und die gesammelten Daten eingesetzt werden können, um Unternehmensprozesse zu verbessern.
Herr Grau, haben Sie vielen Dank für die Einblicke in das Projekt.
In unserer Artikelserie zum Lieferketten-Demonstrator sprechen wir mit allen beteiligten Projektpartnern und erfahren, wie sie mitgewirkt haben, wo und vor welchen Fragen das Projekt steht und wie eine erfolgreiche Umsetzung gelingen kann.
>>>Lesen Sie auch: Erfüllung unternehmerischer Sorgfaltspflichten: Digitale Lösungen auf dem Weg zur transparenten Lieferkette
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