Projekt: Verbrauchsdaten innerhalb der Lieferkette von Industrieprozessen digital erfassen
Industrielle Prozesse nicht nur in der Textilindustrie benötigen viele Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe. Mit Blick auf aktuelle und noch kommende Regulierungen wird es immer wichtiger, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Umwelt zu dokumentieren. Dazu gehört nicht nur der CO2-Fußabdruck. Auch die Verbräuche dieser Ressourcen werden zukünftig vermutlich Gegenstand von Zertifizierungsprozessen und Gesetzesvorgaben sein.
Die Textile Dyehouse GmbH aus Wuppertal möchte den ökologischen Fußabdruck eines typischen Färbeprozesses erfassen und dazu ein Modell erstellen. Gemeinsam mit dem Mittelstand-Digital Zentrum Smarte Kreisläufe und dessen Projektpartner Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung (DITF) schaut sich das Unternehmen genau an, welche Herausforderungen es erwartet.
Wir sprachen mit Klaus Weskott, Geschäftsführer Textile Dyehouse sowie Guido Grau, Projektleiter an den DITF über mögliche Lösungsansätze.
Herr Weskott, geben Sie uns einen kleinen Einblick in Ihre Ausgangssituation und darauf, wo Sie gern hinwollen?
Klaus Weskott: Ja, gern. Als erstes ist es wichtig, zu wissen, dass wir ein Lohnveredler sind. Das bedeutet, die zu färbenden Gewebe gehören den Kunden und stehen deswegen in unserer Betrachtung deswegen zunächst nicht im Fokus. Hauptsächlich konzentrieren wir uns in diesem Projekt auf unsere Wasser- und Energieverbräuche inklusive der Farb- und Hilfsstoffe, die wir verwenden.
Guido Grau: Die Lohnveredlung ist ein wichtiger Prozess innerhalb der textilen Kette und sehr energieintensiv. Auch das Thema Wasser / Abwasser spielt jetzt schon eine zentrale Rolle in der Veredlung, wird aber unserer Einschätzung nach, zunehmend in den Fokus gesetzlicher Regularien kommen. Damit wir alle Umweltdaten innerhalb der Lieferkette transparent darstellen können, müssen wir Modelle entwickeln. An den DITF nutzen wir dazu die MFCA-Modellierung. Wo es keine spezifischen Zähler für Verbräuche (Energie, Wasser) im Unternehmen gibt, setzen wir auf virtuelle Zähler, bei denen die Verbräuche zum Beispiel für Färbeverfahren algorithmisch berechnet werden. Zwei unterschiedliche diskontinuierliche Färbeprozesse werden wir dann mit der MFCA-Methode modellieren und anschließend ökologisch bewerten. Dafür nutzen wir neben Daten aus der Produktion, die direkt mit realen Zählern erfasst werden, auch die Daten der Versorger. Und wir berücksichtigen vorhandene Nachhaltigkeitsdaten der Hilfs- und Farbstoffe.
Können Sie uns kurz erläutern, welche Nachhaltigkeitsdaten das sind und welchen Mehrwert Sie aus den Ergebnissen der Materialflusskostenrechnung (MFCA) in diesem Projekt ziehen?
Klaus Weskott: Besonderes Augenmerk legen wir auf den Dampfverbrauch. Das ist eine zentrale Energie für die Färbung, aber auch auf Strom und den Wasserverbrauch. Hier spielen Allokationsfragen eine wichtige Rolle. Beispielsweise wie Dampfverluste verrechnet werden.
Sie machen damit einen für Ihr Unternehmen sehr typischen Prozess in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte sehr transparent. Darf ich Sie noch fragen, welche Vorteile Sie in den generierten Daten sehen, nicht nur in Bezug auf die Einhaltung von Gesetzen?
Klaus Weskott: Wir können das Monitoring natürlich nutzen, um Energieeinsparpotenziale gezielt zu erschließen. Das ist für uns ein finanzieller und somit auch Wettbewerbsvorteil. Aber auch die Umwelt profitiert davon, wenn wir weniger Wasser, Strom oder Gas verwenden. Es ist alles in allem eine Situation, in der nicht nur wir, sondern alle gewinnen.
Alle? Was genau meinen Sie damit?
Klaus Weskott: Es ist ja so, dass überall, wo Prozessenergie benötigt wird, eine ähnliche Fragestellung besteht: Wie mache ich meinen ökologischen Fußabdruck sichtbar? Unser Modell wird auf weitere Prozesse innerhalb unseres eigenen aber auch auf andere Unternehmen übertragbar sein.
Generell haben wir aber bei Energie und Wasser einen erheblichen Standortnachteil, da in der Kalkulation ca. 30 Prozent der Gesamtkosten Energie sind und wir im Vergleich zu anderen Ländern beispielsweise Litauen bei Strom 100 Prozent, bei Gas 400 Prozent teurer sind. Es besteht ein erheblicher Verlagerungsdruck. Wir sind täglich gefordert.
Vielen Dank an Sie beide. Wir sind gespannt, wie es mit Ihrem Projekt weitergeht und freuen uns schon auf das nächste Gespräch.
Digitalisierungsprojekt im Kopf?
Wenn auch Sie Unterstützung beim Thema Digitalisierung benötigen, dann sprechen Sie uns gern an: kontakt@mdz-sk.de.
Eine Übersicht bisheriger Digitalisierungsprojekte finden Sie hier.