Von der Theorie zur Praxis: Wie Unternehmen digitale Lieferketten erfolgreich umsetzen können

Sechs Termine voll spannender Vorträge rund um das Thema digitale Lieferketten, inspirierende Praxisbeispiele und geballtes Wissen zu Hard- und Software: Das war die Online-Veranstaltungsreihe des Mittelstand-Digital Zentrums Smarte Kreisläufe, an der im Februar und März jeweils rund 60 Vertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft teilgenommen haben.
Anja Merker, Geschäftsführerin Mittelstand-Digital Zentrum Smarte Kreisläufe: „Das große Interesse an den Vorträgen zeigt, dass die Unternehmen sich auf die Themen Transparenz in der Lieferkette, Digitaler Produktpass und Kreislaufwirtschaft vorbereiten wollen. Unsere Referenten haben mit den vorgestellten Praxisbeispielen gezeigt, was schon geht, wie neue Technologien unterstützen können und welche Voraussetzungen dafür in den Unternehmen geschaffen werden müssen.“
Die Auftaktveranstaltung am 5. Februar widmete sich der Frage, wie in Unternehmen eine Datenbasis für mehr Transparenz geschaffen werden kann. Das Mittelstand-Digital Zentrum Smarte Kreisläufe präsentierte seinen Demonstrator zum Thema Transparenz in der Lieferkette. Am Beispiel der Herstellung eines Produkts wird gezeigt, welche Daten sich wie und wo im Unternehmen erheben lassen, damit eingesetzte Ressourcen eindeutig rückverfolgt und für Partner in der Wertschöpfungskette digital bereitgestellt werden können.
Dr. Steffen Seeger, der am Sächsischen Textilforschungsinstitut in Chemnitzer federführend für den Aufbau des Demonstrators verantwortlich ist, sieht in digitalen Lieferketten einen echten Mehrwert für Unternehmen. „Mit dem Erheben von Daten entlang der Wertschöpfungskette kann ein Unternehmen den Informationsaustausch mit seinen Partnern effizient und transparent gestalten und Risiken besser managen, im besten Fall minimieren, vorbeugen oder abmildern.“
Die Besonderheiten an den einzelnen Wertschöpfungsstufen wurden durch die am Projekt beteiligten Partner vorgestellt. Heiko Matheis, Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung, gab einen Einblick in die Materialflussmodellierung am Beispiel des Spulprozesses. Warum Unternehmen schon jetzt Vorbereitungen für den in Diskussion stehenden Digitalen Produktpass treffen sollten, erläuterte Christian Boltersdorf, Institut für Textiltechnik RWTH Aachen University, und zeigte, wie mit Sensorik Daten im Webprozess erfasst werden können. Wie diese Daten sicher übermittelt und für Partner ortsunabhängig bereitgestellt werden können, stellte Florian Janek, Hahn-Schickard-Gesellschaft für angewandte Forschung e.V., vor. Abschließend ging Steffen Seeger vom STFI auch auf Herausforderungen bei der Datenerfassung ein und wie diesen begegnet werden kann.
>>>Lesen Sie auch: Artikelserie zum Lieferketten-Demonstrator
Die zweite Veranstaltung der Reihe am 12. Februar gab einen Einblick in grundlegende Standards und Technologien, die den Informationsfluss innerhalb von Lieferketten optimieren. „Wir sind der Barcode, aber noch viel mehr“, so Guido Hammer, Digitalisierungsexperte von der GS1. Das Unternehmen ist Partner im Mittelstand-Digital Zentrum WertNetzWerke und stellt Nummernkreise zur eindeutigen Identifikation von Produkten zur Verfügung. „Überschneidungsfreiheit ist das Thema“, so Hammer und verwies in seinem Vortrag darauf, wie durch Standardisierung Fälschungen verhindert und Rückverfolgbarkeit möglich gemacht werden können.
Bernd Näther von der Firma sedApta GmbH erklärte in seiner Präsentation am 19. Februar, wie digitale Lieferketten mit erfassten Logistikereignissen dabei helfen, Produktionsprozesse besser zu steuern und zu verwalten. „Wie man es organisiert, macht den Unterschied“, ist Näther überzeugt und demonstrierte, wie Unternehmen davon profitieren können, wenn etwa die Kommunikation mit Lieferanten nicht mehr klassisch über E-Mail, sondern über eine Online-Plattform abläuft. Unternehmen gab er mit auf den Weg, Prozesse genau zu definieren und passende Techniken einzubinden.
Welche Vorteile ergeben sich noch für Unternehmen, wenn alle Daten entlang von Lieferketten erfasst sind? Darum ging es beim vierten Teil der Veranstaltungsreihe am 26. Februar. Frank Pyritz, Geschäftsführer des Chemnitzer Unternehmens SIGMA GmbH stellte in seinem Vortrag zum Thema AutoID/RFID einen praktischen Anwendungsfall vor und ging näher auf die lückenlose Informationskette eines Saatgutherstellers ein. „Wir taggen Objekte, um Logistik- und Produktionsprozesse in die Automatisierung zu bringen und zu optimieren“, so der Experte. Unternehmen können durch den Einsatz von RFID-Tags an der Ware nicht nur den Kommissionsprozess durch eine Mengenprüfung pro Palette verbessern, sondern auch tagesgenaue Auswertungen zu Lieferungen und Retouren erstellen und auch nicht gewünschte Versandaktivitäten ermitteln.
„Das Thema Resilienz ist immer noch präsent und aktuelle Entwicklungen befördern es weiter“, so Jürgen Bretfeld, Geschäftsführer der Advaneo GmbH sowie Konsortialführer des PAIRS-Projekts. Er zeigte am 5. März den Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine Live-Demo des SupplyChainRadars. Der Radar ist eine offene, serviceorientierte Dateninfrastruktur, die mithilfe von Künstlicher Intelligenz Krisenauswirkungen – etwa Naturkatastrophen oder Störungen in Lieferketten – prognostizieren kann. Durch die Verknüpfung globaler Nachrichtenquellen mit Echtzeitdaten aus der eigenen Lieferkette können Unternehmen Risiken frühzeitig erkennen und besser steuern.
Zum Abschluss der Veranstaltungsreihe stellte Andrea Schneller vom Startup koorvi verschiedene zirkuläre Strategien wie Reuse, Refurbish und Recycle vor und ordnetet deren Potenziale für den Mittelstand ein. Die Gründerin und Geschäftsführerin sieht in der Rücknahme von Produkten eine große Chance für Unternehmen: „Wir haben im Bereich der Reuse-Strategien eine ganz neue Wertschöpfungskette, die entsteht. Mein Endkunde wird mein Lieferant. Daher müssen wir Partner zusammenbringen. Diese Schnittstellen werden im besten Fall als operative Prozesse digital abgebildet. Je sinnvoller und smarter die Prozesse gestaltet sind, desto besser kann man skalieren.“
Alle Online-Veranstaltungen haben wir aufgezeichnet und stellen den Link und die Präsentationen der Referenten auf Anfrage gern zur Verfügung. Schreiben Sie uns an kontakt@mdz-sk.de.